Über mich

Michael Holtschulte, Jahrgang 1979, lebt und arbeitet als Cartoonist in Essen.

Seine ersten Cartoon-Veröffentlichungen hatte er bereits im Alter von 15 Jahren in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Zahlreiche Veröffentlichungen folgten, sodass er sich nach seinem Studium der Germanistik, Politikwissenschaft und Sozialpsychologie als Illustrator und Cartoonzeichner selbstständig machen konnte und damit seinen Traum lebt, wie er sagt.

Heute zeichnet er für zahlreiche Zeitungen und Magazine (u.a. Süddeutsche Zeitung, WAZ, Eulenspiegel, Deadline, Return, Trailer) und veröffentlicht regelmäßig Bücher bei Lappan.

Er hat eine eigene Bühnenshow, tritt aber auch regelmäßig unter dem Titel „Zwei Stricher packen aus“ zusammen mit Oli Hilbring auf, mit dem er auch den gleichnamigen Podcast übers Cartoonzeichnen betreibt.

So viel zu mir in aller Kürze, mehr Infos findet man bei Bedarf auf Wikipedia.

Weil so eine Kurz-Vita doch recht langweilig ist, hat mir Martin Sonntag von der Caricatura Galerie in Kassel ein paar Fragen gestellt.
Viel Spaß bei der Lektüre!

13 Fragen von Martin Sonntag
(Caricatura Galerie Kassel) an Michael Holtschulte

Serien, Filme, Musik, Konsolenspiele … meine Interessen sind breit gefächert. Allerdings habe ich einen Hund und bin vor zwei Jahren Vater geworden, weshalb viele der Beschäftigungen zeitlich nicht mehr so ausgelebt werden können, wie es einmal war, als ich nur die Verantwortung für mich hatte. Insofern hat sich das Familienleben eindeutig in den Vordergrund geschoben. Unterm Strich kann man aber sagen, dass das natürlich auch alles in meine Cartoons einfließt. Irgendwo kommen immer die Ideen her.

Zuerst geht es mir darum, mir einen Witz auszudenken, den ich persönlich lustig finde. Wenn ich damit viele Menschen zum Lachen bringen kann, ist das Ganze rund. Da aber wirklich alles in meine Arbeit einfließt, schließe ich nicht aus, dass eine Menge Selbsttherapie und der persönliche Schalk im Nacken mit reinspielt. Allerdings hat der Irrsinn der Welt inzwischen solche Ausmaße angenommen, dass es teilweise schwer fällt, da noch einen draufzusetzen.

Frühstes Vorbild im Bereich der humoristischen Zeichnungen war André Franquin. Gerade seine schwarzen Gedanken hatten es mir sehr früh angetan und sprachen direkt meinen schwarzen Humor an. Als ich mich mehr mit dem Thema Cartoons auseinandersetzte, landete ich quasi zwangsläufig bei Martin Perscheids Abgründen.

Als ich dann selbst als Cartoonist immer mehr Fuß fasste, merkte ich, dass Vorbilder natürlich wichtig sind, man sich aber zugunsten der eigenen Entwicklung, in alle Richtungen öffnen muss. Was ich so an Einflüssen aufsauge, muss nicht ausschließlich von Witzbildzeichner:innen sein; Humor ist sehr vielseitig.

Das war verrückt und kaum zu fassen für mich. Martin war ein Vorbild und als ich ihn dann kennenlernte, wurde daraus eine Freundschaft. Was mich besonders berührte, war die Erkenntnis, dass er meine Cartoons auch gut fand. Das hat mich unglaublich motiviert.

Wir haben einige gemeinsame Projekte auf die Beine gestellt. Zuletzt habe ich ja sogar sehr aktiv an seinem Deppen-Malbuch mitgearbeitet, weil es ihm zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr so gut ging. Auch das berührte mich sehr. Das muss man sich mal vorstellen, dass er mir so viel Vertrauen schenkte, dass ich in seinem Sinne an den Cartoons mitzeichnen durfte.

Aber die womöglich offenen Projekte oder gemeinsamen Arbeiten sind es gar nicht, die so fehlen. Nicht mehr die Möglichkeit zu haben, mal kurz anzurufen, sich auszutauschen, über Witze zu philosophieren, ist es, was immer wieder schmerzt.

Es ist immer wieder surreal, wie viele Fans bei Signierterminen anstehen und sich über eine Signatur freuen. Das ist eigentlich jedes Mal schon ein Fan-Erlebnis, von dem ich zehren kann.

Aber es gibt auch emotionale Highlights, wie zuletzt eine Frau, die anfing zu weinen, als sie mir gegenüberstand.. Sie war so gerührt und meinte, mein Humor habe ihr bei Krisen geholfen und es sei sehr wichtig, was ich mache. Da war ich dann gerührt. Aber nicht zu knapp.

Weder noch! Humor funktioniert ja immer nur in der Schnittstelle gemeinsamen Vorwissens von Sender und Empfänger. Und wird ein Witz mal nicht verstanden, ist er für den Betrachter zu speziell oder setzt Vorwissen voraus, das nicht da ist. Das ist völlig normal und in den meisten Fällen kann man das ja aufklären und daraus ergibt sich ein AHA-Erlebnis, das vielleicht sogar mehr wirkt als der schnelle Lacher.

In beiden erwähnten Fällen ist es wahrscheinlich so: Marc-Uwe kennt Oli Hilbring (noch) nicht und Du bist kein Katzenmensch. Das lässt sich aber demnächst mal aufklären.

Wohl eher der Spaß. Ich möchte einen guten Witz machen. Unbewusst schließe ich nicht aus, dass sich daraus auch eine Botschaft ableiten lässt. Oft ist es ja auch die persönliche Haltung, die in zwangsläufig in diese Kunstform mit einfließt. Ich bekomme immer wieder auch Feedback, dass man etwas in die Cartoons hineininterpretieren kann, das ich gar nicht mitgedacht hatte. Im Idealfall wirkt das dann aus einem anderen Licht betrachtet auf einmal sehr schlau, manchmal komplett gegenteilig.
Was ich aber grundsätzlich vermeide, ist ein erhobener Zeigefinger. Da sind wir aber wieder beim primären Ziel: Meine Cartoons sollen erst einmal zum Lachen bringen.

Es wäre sehr vermessen von mir zu glauben, dass man mit Cartoons einen derartigen Einfluss hat. Aber wenn das ginge: Frieden. Ja, Frieden würde ich mir sehr wünschen.

Cartoons können auf humorvolle Art und Weise den Spiegel vorhalten. Inwieweit ein Denkprozess stattfindet, gar eine Änderung im Verhalten stattfindet … Ja, da sind wir wieder bei der Frage von vorhin. Was ich allerdings mit meiner Erfahrung in den sozialen Medien sagen kann: Cartoons und Witze können schnell triggern. Wenn da unterschiedliche Meinungen aufeinanderstoßen, kann das schon mal richtig abgehen. Aber Einfluss? Ich weiß es nicht. Diskussionen finden in der Öffentlichkeit heutzutage weniger statt, um Erkenntnis zu erlangen, sondern um sich seines eigenen Weltbildes zu vergewissern.

Grundsätzlich sollte man mit Witzen nicht nach unten treten oder verletzen rein der Verletzung willen, also zum Selbstzweck. Das ist alles andere als feiner Humor.

Darüber hinaus findet momentan eine gesellschaftliche Entwicklung statt, die auch vor dem Humor nicht haltmacht. Das fängt beim Sprachgebrauch an und geht eben auch bis zu Witzen. Man kann und sollte heute bestimmte Witze einfach nicht mehr machen. Stichworte wären da Ableismus, Klassismus, Bodyshaming, Sexismus, Rassismus etc.

Da hat eine Entwicklung stattgefunden, die ich persönlich gut finde und ich versuche, mich diesbezüglich auch immer selbst in Frage zu stellen. Die Gesellschaft ist in einem stetigen Wandel und dem muss man als Cartoonist:in Rechnung tragen.

Öl wird dauern. Ich glaube, diese Technik und ich werden so schnell keine Freunde. Momentan experimentiere ich mit Gouache, da wird es wahrscheinlicher vorzeigbare Bilder geben. Aber nagle mich jetzt nicht auf einen Zeitpunkt fest. Du weißt ja, Kind, Hund …

Eindeutig Brad Pitt

Aber ich versuche mich bei der Frage mal auf deutschsprachige Schauspieler zu konzentrieren. Schwierig …

Bei dem jungen Holtschulte würde Julius Weckauf gut passen. Bei dem Gegenwarts- und Zukunfts-Holtschulte müsste ich passen. Vielleicht Henning Baum, weil ich den sehr cool finde und er auch ein Kind des Potts ist und aus meiner neuen Heimatstadt kommt.

Grundsätzlich sollte man mit Witzen nicht nach unten treten oder verletzen rein der Verletzung willen, also zum Selbstzweck. Das ist alles andere als feiner Humor.

Michael Holtschulte

Text: Martin Sonntag